Dr. med. Ruth Hecker über die Blackbox in der Patientensicherheit und warum wir unser Mindset zur Fehlerkultur überdenken sollten

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Dr. Ruth Hecker ist Fachärztin für Anästhesiologie, Vorsitzende des Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS), stellvertretende Vorsitzende von Vision Zero und Chief Patient Safety Officer (CPSO) der Universitätsmedizin Essen. Sie hat in Medizin und Qualitätsmanagement promoviert und beschäftigt sich seitdem mit Qualität und Sicherheit in der Gesundheitsversorgung.

Im Podcast erklärt Dr. Ruth Hecker, was Patientensicherheit genau bedeutet, was der Unterschied zwischen Fehler und Ereignis ist, wie es um die Fehlerkultur in deutschen Kliniken steht und was wir dringend ändern müssen, um nicht nur besser, sondern auch sicherer und transparenter zu behandeln.

In Deutschland ist das Thema Patient*innensicherheit nach wie vor von diversen Erfassungslücken und Intransparenz geprägt. In einem aktuellen Podcast diskutieren Inga Bergen und Dr. Ruth Hecker, warum Transparenz in diesem Bereich von entscheidender Bedeutung ist.

Was ist Patient*innensicherheit und wie hat sich die Definition verändert?

Früher wurde Patientinnensicherheit lediglich als Abwesenheit von Schäden an der Patientin oder dem Patienten betrachtet. Heutzutage geht die Definition jedoch viel weiter. Es wird auch bewertet, wie gut das Team zusammenarbeitet und wie sicher sich die Patient*innen während der Behandlung fühlen. Hierbei spielt auch die Politik eine wichtige Rolle, um die notwendigen Rahmenbedingungen für eine optimale Patientensicherheit zu schaffen.

Krankenhäuser sollen Fehler erfassen, aber oft gibt es Lücken

Gemäß den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) sollen Fehler in der Patientenversorgung über ein Fehlermeldesystem erfasst werden. Leider geschieht dies in den meisten Fällen nicht. Während ein Fehlermeldesystem in Krankenhäusern obligatorisch ist, klaffen in der ambulanten Pflege, Physiotherapiepraxen und Arztpraxen bereits Erfassungslücken. Obwohl etwa 98% der deutschen Krankenhäuser über ein solches System verfügen, wird es oft nicht regelmäßig gepflegt. Die Gründe dafür sind vielfältig, wie die fehlende Integration in Arbeitsabläufe, Zeitmangel oder die Angst vor Konsequenzen. Die Nutzung hängt stark vom Management ab und ist bisher nur in wenigen Kliniken, wie etwa dem Universitätsklinikum Essen, umgesetzt.

Komplikationen vs. Patient*innenfehler

Es ist wichtig, zwischen Komplikationen und expliziten Fehlern an den Patientinnen zu unterscheiden. Ein Behandlungsfehler wird zudem nur als solcher eingestuft, wenn ein Gericht dies bestätigt. Patientinnen stehen oft vor der Herausforderung, als Laien beweisen zu müssen, dass ein Fehler in ihrer Behandlung unterlaufen ist. Hier mangelt es häufig an Transparenz in den Prozessen.

Fehlerkultur im Gesundheitswesen

Fehler werden in unserer Gesellschaft oft negativ betrachtet und skandalisiert, obwohl sie absolut menschlich sind. Ärzt*innen sind am Ende des Tages auch nur Menschen und geben ihre Fehler nicht an der Krankenhaustür ab. Es ist entscheidend, ein Bewusstsein für Transparenz zu schaffen und die Stigmatisierung von Fehlern aufzuheben, damit richtig gehandelt werden kann.

Best Practice: Schnelle Sepsis-Erkennung, rund um die Uhr verfügbare Blutkulturdiagnostike, Prophylaxe durch Hygienemaßnahmen

Die Universitätsklinik Greifswald zeigt, wie Sepsis-Erkennung gut gelingen kann. Eine Sepsis ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. . Für ein größeres Verständnis von Sepsis in der breiten Bevölkerung in Deutschland hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit die Kampagne #DeutschlandErkenntSepsis initiiert. Um Sepsis-Erkennung und schnelle Behandlung im Krankenhaus zu verbessern, hat die Universitätsklinik Greifswald eine „Sepsis-Schwester“ eingestellt, die sich auf die Überprüfung von Sepsen bei Patientinnen spezialisiert hat. Dadurch wurde ein Qualitätsmanagementplan entwickelt, um Sepsen besser verhindern zu können. Obwohl dies ein gutes Beispiel für mehr Transparenz ist, ist die Bereitschaft, an solchen Themen zu arbeiten, immer noch zu gering. Das Ziel sollte jedoch sein, möglichst präventiv zu arbeiten, um weniger Patientinnen ins Krankenhaus zu bringen.

Umdenken im Gesundheitswesen

Es ist Zeit für ein Umdenken im Gesundheitswesen – weg von einem Einzelkämpferinnen-Mindset hin zu einem Teamgedanken. Es muss eine positive Fehlerkultur etabliert werden, um aus Fehlern zu lernen und die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu verbessern. Der Fokus sollte weg von Macht und Profit und hin zum Miteinander von Patient*innen und allen Gesundheitsberufen verschoben werden. Nur so kann nachhaltig und innovativ etwas verändert werden.

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Podcast Cover
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Eine Antwort zu „Dr. med. Ruth Hecker über die Blackbox in der Patientensicherheit und warum wir unser Mindset zur Fehlerkultur überdenken sollten“

  1. So eine traurige Fehlerkultur erlebe ich seit Feb 2022. Ums Haar hätte ich mit Schlaganfall mein Leben verbringen können weil ein Internist und Hausarzt in Heppenheim Arterien nicht richtig zu beschallen vermochte aber auch keine Fachärztliche/angiologische Untersuchung für angemessen hielt trotz eindeutiger Anzeichen und zudem das Kreiskrankenhaus Bergstrasse zwar ein telemedizinisch es Brimborium mit der Neurologie Heidelberg abzog, aber eine schlichte gefäßmedizinische Untersuchung überhaupt nicht zur Verfügung hatte, weder mit Gerät noch fachärztlicher Kompetenz. Nennt sich aber stroke unit. Damit bin ich an die Hess. Aerztekammer gegangen, weil ich mich grob fahrlässig medizinisch behandelt fühlte. Weder der Hausarzt noch das Krankenhaus hielt auf mein Schreiben hin die Sache für eine Erklärung wert.


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