Inga Bergen spricht in dieser Folge dem Allgemenmediziner und Start-up Gründer Sami Gaber. Die Frage, die Inga umtreibt, ist, wie die Übersetzung von Digitalisierung in die Praxis gelingt.
Sami Gaber kommt von der Anwender-Seite: er ist Allgemeinmediziner. Nachdem er eine Allgemeinarzt-Praxis von seinem Vater übernommen hat, gründete er gemeinsam mit seiner Praxismanagerin Nina Kuhfuss ein Unternehmen, das niedergelassenen Medizinern bei Digitalisierung hilft.
Papierlos: ja! Echte digitale Prozesse: nein!
Als Sami vor einigen Jahren die Praxis seines Vaters übernahm, stand er vor der Situation, dass wenig digitale Lösungen für seine Praxis angeboten wurden. Das bestehende Angebot half zwar, im Praxisalltag Papierlos zu arbeiten. Aber es gab kein Angebot für echte digitale Prozesse, um alle möglichen Vorteile der Digitalisierung zu nutzen. Der Weg zur Arbeit fühlte sich wie eine Zeitreise 15 Jahre zurück in die Vergangenheit an. Zusammen mit einem weiteren Mediziner, Dr. med. Bahman Afzali, gründeten Sami Gaber und Nina Kuhfuss docport. Ihr Ziel ist es, Praxen in die Gegenwart zu holen und für eine zukünftige digitale Versorgung bereit zu machen.
Generationswechsel in der Medizin – mehr Offenheit für Digitales
Sami Gaber hat die Praxis von seinem Vater übernommen und hat große Veränderungen erst vornehmen können, als sein Vater in den Ruhestand ging. Diese Situation ist exemplarisch für die Lage in Deutschland, denn viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte stehen kurz vor dem Ruhestand. Für Sami Gaber sind regulatorische Verpflichtungen hinsichtlich Digitalisierung auch eine Belastung – weil sie Zeit und Aufwand kosten. Um das volle Potential von Digitalisierung in der Arztpraxis nutzen zu können, gründete Sami selber. Erster Ansatz waren die Prozesse in der Arztpraxis – diese Prozesse sollten optimiert und digitalisiert werden. Dazu mussten Sami Gaber und sein Team zunächst die Grundlagen schaffen. Sie stellten das technische Equipment und die Software um und zogen ihre Telefonanlage in die Cloud um.
Standardisierte Technik, Schnittstellen und digitalisierte Prozesse
Grundlage der Arbeit ist ein PVS, das Zugriff auf die Daten der Patientinnen und Patienten erlaubt. Auf dieser Basis hat Samis Team kleine Programme entwickelt, zum Beispiel um Hausbesuche besser zu managen und zu planen. Eine Herausforderung waren auch die Schnittstellen verschiedener Systeme – so wurde ein einheitlicher Standard eingeführt, so dass alle Software und Hardware-Produkte mit dem Praxisinformationssystem verbunden werden konnten. Erst dann war es möglich, durchgängig effiziente und digitalisierte Prozesse einzuführen.
300 Patientenkontakte pro Tag – Digitale Prozesse bringen Effizienz
Eine Hausarztpraxis hat bis zu 300 Patienten-Kontakte am Tag. Wenn digitale Prozesse helfen, auch nur wenige Sekunden oder Minuten pro Patientenkontakt Zeit zu sparen, ist dies ein enormer Gewinn. Diese Zeit kann für Versorgung von Patientinnen und Patienten genutzt werden. Eine Frage, die sich Inga Bergen stellt, ist wie eine durchschnittliche Arztpraxis heute mit diesen zahlreichen Anforderungen umgeht, die durch Digitalisierung entstehen.
Docport macht Praxen innerhalb von 2 Tagen digital – und eröffnet eigene Systempraxen
Heute stattet docport mit seinem System bereits 8 Praxen aus. Diese Praxen sind Systempraxen – sie laufen alle nach einem erprobten Schema. Innerhalb von zwei Tagen können Sami Gaber und sein Team heute eine Praxis „digitalisieren“ und ausstatten. So müssen niedergelassene Mediziner „das Rad nicht mehr neu erfinden“. Bei Systempraxen wird ein bewährtes Konzept auf eine Reihe von Praxen übertragen. Ende des Jahres 2021 will docport seine erste eigene Systempraxis eröffnen.
Vorteile aus Sicht der Patientinnen und Patienten
Laut Sami Gaber profitieren Patientinnen und Patienten von Digitalisierung. Der Besuch in der Praxis wird unkomplizierter. Sami Gaber sagt, dass in der Versorgung nur eine fundierte Entscheidung getroffen werden kann, wenn Patientinnen und Patienten ihre Daten vollumfänglich zur Verfügung stellen können. Das System, dass Sami Gaber und seine Mitgründerin entwickelt haben, ermöglicht medizinische Entscheidungen auf Datenbasis. Es bindet z.B. Apps an, die PatientInnen von zuhause nutzen und bietet Möglichkeiten zur asynchronen Kommunikation.
Impfprozess Digital
Ein Beispiel ist der Impfprozess mit Newsletter, Aufklärung über digitale Kanäle, Terminbuchung- und Management, Vorbereitung des Praxisbesuchs und Ausstellung des Impfzertifikats. Dieser Prozess war äußerst effektiv. Dies hilft auch dabei, kostendeckend zu arbeiten – das System erkennt auch automatisch, welche Leistungen erbracht wurden und schlägt die entsprechenden Abrechnungsziffern vor.
Viele Digitale Lösungen sind nutzerunfreundlich
Die elektronische Patientenakte und der Notfalldatensatz sind gute Beispiele für Services, die dringend nötig sind. Leider sind die Systeme oft nicht nutzerfreundlich und einfach gestaltet, so dass sie in der Praxis im stressigen Alltag schwer einzusetzen sind. Hier sieht Sami Gaber einen klaren Vorteil: er kommt aus der Praxis und kennt die Anforderungen. Seine Vision ist, seine Anforderungen mit docport so umzusetzen, dass sie in der Praxis wirklich zum Einsatz kommen können.
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