In dieser Episode spricht Inga Bergen mit Prof. Dr. Arndt Rolfs, Gründer und ex-CEO des international agierenden BioTech Unternehmens Centogene. 1993 übernahm er eine Professur für experimentelle Neurologie. Ein Zeitungsartikel gab den Anstoß für seine Forschung an seltenen Erkrankungen und ebnete den Weg für die Gründung von Centogene. Das in Rostock ansässige Unternehmen ist Weltmarktführer in der Diagnostik seltener angeborener Erkrankungen, weltweit aktiv – aber erst seit der Corona-Pandemie auf dem deutschen Markt aktiv.
Ab Minute 0:58 geht das Interview los, Prof. Rolfs interviewt zunächst Inga Bergen zu ihrem Werdegang, die selbst schon zwei Unternehmen im Bereich Digital Health in der Rolle des CEO aufgebaut. Ab Minute 3:58 berichtet Inga, dass sich zahlreiche „Visionäre der Gesundheit“-Hörer ein Interview mit Prof. Rolfs gewünscht haben. Prof. Rolfs hat aus der Forschung heraus ein Unternehmen aufgebaut, das ist in Deutschland etwas Besonderes – denn es gibt viel herausragende Grundlagenforschung, die es aber selten erfolgreich auf den Markt schafft. Ab Minute 5 stellt Prof. Rolfs sich vor, er ist Neurologe und Psychater und hat zahlreiche Stationen absolviert, bevor er als Professor nach Rostock kam und zu experimenteller Neurologie forschte.
Die Gründungsgeschichte von Centogene
Im Jahr 2006 gründete er sein drittes Unternehmen – Centogene. Seine ersten Gründungen machte er in der New Economy Phase und damals machte er – wie er selbst sagt – alle Fehler, die man machen kann. Ein Fatzit dieser Gründungserfahrung war die Entscheidung, keine Investoren an Bord zu nehmen.
Ab Minute 6:35 berichtete er den Auslöser für die Gründung von Centogene – 1994 las er einen Artikel in der Zeit über eine seltene Erkrankung. Am nächsten Tag präsentierte sich bei Herrn Prof. Rolfs ein Patient, der genau diese Erkrankung vorzuweisen schien, und der damals schon mehrere Kliniken aufgesucht hatte, und niemand fand, der ihm helfen konnte. Um den Patienten diagnostizieren zu können, entwickelte Prof. Rolfs Biochemie und Genetik zur Diagnostik.
Auch BioTech braucht gute, einfache Nutzererfahrung
Sein Erfolgsgeheimnis, so erzählt er ab Minute 8:50 ist der Pragmatismus. Er sah die Chance in der Entwicklung von Diagnostik für angeborene seltene Erkrankungen, da dies irgendwann im Setting einer Universitätsklinik nicht mehr möglich war, gründete er 2006 Centogene mit der Prämisse: Wir müssen die Diagnostik so vereinfachten, dass jeder Arzt sie immer einfach und unkompliziert einsetzen kann. Ab Minute 10:10 geht es um den Aufbau eines Unternehmens auf Basis von Forschung. Prof. Rolfs sagt, wenn man für ein Thema brennt und bereit ist, einen steinigen Weg zu beschreiten, dann ist Erfolg möglich.
Die ersten Jahre sind schwierig, auch weil Finanzmittel nicht zur Verfügung stehen. Prof Rolfs erläutert ab Minute 11:45 das Geschäftsmodell, es kam ihm zugute, dass er viel Erfahrung hatte und von Anfang an ein Internationales Team zusammengestellt hatte. Die Vereinfachung/ Simplification ist entscheidend für den Erfolg. Heute ist das Unternehmen in über 100 Ländern aktiv. Dafür braucht es einen tiefen Einblick in die seltenen Erkrankungen. Ab Minute 14 sagt Prof. Rolfs, dass Centogene daher zu einem Wissensgenerierenden Technologie-Unternehmen geworden ist, das hunderttausende Datensätze zu über 5.500 seltenen angeborenen Erkrankungen gesammelt hat. Seltene Erkrankungen sind heute, so Prof. Rolfs, der Bereich, in dem die Pharma-Industrie Geld verdienen kann, und der stark wächst.
Der Erfolg von Centogene basiert auf Daten und Wissen
Die Daten, die für Diagnostik verwendet werden, werden auch genutzt, um Therapeutika zu entwickeln – so hat Centogene ein Hybridmodell entwickelt. So können aus den generierten Daten neue Lösungen entwickelt werden – sowohl Therapien, als auch Prognosen für Krankheitsverläufe. Hauptkunde sind Pharmaunternehmen. Prof. Rolfs beschreibt dieses als ein die Pharmaindustrie revolutionierendes Modell, weil es individualisierte Medizin mit Leben erfüllt und vor allen Dingen deren Entwicklung viel schneller macht.
Personalisierte Medizin
Ab Minute 19 geht es um personalisierte Medizin und die Frage, ob Medikamente wirklich bei individuellen Patienten wirken. Centogene ist fokussiert auf genetische Analytik – aber auch nur eine Facette – hinzu kommt die Gesamtheit der Proteine (Protenomics) und der Stoffwechselprodukte (Metabolomics). Centogene ist heute das einzige Unternehmen, das standardisiert mit einem Blutstropfen Genomics, Proteonomics und Metabolomics Analysen machen kann – z.B. um Wirksamkeit und Dosierung von Medikamenten individuell zu ermitteln. Dies macht Technologie möglich, weil sie vereinfacht und standardisiert und damit komplexe Prozesse vereinfachen kann. So können Studien mit viel weniger Studienteilnehmern durchgeführt werden. Ab Minute 22 kommt Inga Bergen noch einmal auf die Kunden von Centogene zu sprechen, die Pharmazeutische Industrie – die an neuen Ansätzen in der Entwicklung individualisierter Therapeutika sehr interessiert ist – es geht immer darum, den globalen Blick zu haben, denn viele Erkrankungen treten gar nicht so häufig auf.
Von Rostock aus fokussiert auf internationale Märkte und den Nutzen für Patienten
Ab Minute 24:30 berichtet Prof. Rolfs, dass er von Anfang an den Erfolg von Centogene glaubte, weil der medizinische Bedarf so groß war. Wenn dann ein Angebot geschaffen werden kann, dass einfach einzusetzen ist und der Service gut ist, dann funktioniert es. Die ersten Kunden waren forschende Pharmaunternehmen, die ersten Projektgelder investierte Centogene wieder in neue Forschung. Auch finanzielle und regulatorische Unterstützung des Bundeslanges Mecklenburg-Vorpommern war extrem hilfreich. Prof. Rolfs sagt aber auch, dass sein Erfolgsgeheimnis das persönliche „Brennen“ für das Thema war und der Wunsch, Patienten wirklich zu helfen, der Sinn – das spüren auch Mitarbeiter, und so gelingt es, die besten Köpfe an sich zu binden. Im Oktober 2020 gibt Prof. Rolfs den Vorstandsvorsitz von Centogene ab, um ein neues Unternehmen zu gründen – wir dürfen also gespannt sein.
Der deutsche Markt, Covid-19 Tests und die Mittelstandsinitiative
Der deutsche Markt stand zunächst nicht im Fokus von Centogene, weil Innovation in Deutschland zu lange braucht, um vom Gesundheitssystem abgebildet werden zu können. Zu viel Geld kommt in das System – deswegen siegt oft nicht die Qualität. Deutschland belegt im internationalen Vergleich oft nur einen Mittelplatz. Gerade im ambulanten Bereich ist das System sehr innovationsavers. Covid hat dies geändert – es hat einen disruptiven Ansatz und macht allen begreiflich, dass etwas geändert werden muss. Digitale Medizin kommt jetzt nach vorne. Prof. Rolfs spricht sich offen für mehr Tests aus, auch Centogene bietet Tests an, der Test ist Trivial und damit beliebig skalierbar. Centogene ist heute der größte Tester für Covid-19 in Europa. In der Krise liegt also auch eine Chance & wir dürfen gespannt sein, was Prof. Dr. Rolfs als nächstes Vorhat.
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