In dieser Folge spricht Inga Bergen mit Andreas Bogusch. Er ist Chef der deutschen Tochter des schweizer Telemedizin-Pionier Unternehmen Medgate. Der studierte Gesundheitsökonom hat seine Karriere in der Beratung gestartet und ist nach Stationen in Dubai und (Ost)Afrika vor sechseinhalb Jahren bei Medgate eingestiegen.
Im Podcast erzählt Andreas Bogusch, wie die digitale Hausarztpraxis von Medgate funktioniert und welchen Herausforderungen sie sich als Telemedizinanbieter am deutschen Markt stellen müssen. Des Weiteren erklärt er, was wir von E-Commerce Unternehmen für die Behandlung und Ansprache von Patientinnen und Patienten lernen können.
Gesundheitsökonomie als Schnittstelle
Andreas Bogusch ist schon lange mit dem Gesundheitswesen verwachsen. Seine Mutter hat Medizin studiert, sein Vater hat Jura , als Schnittstelle hat er die Gesundheitsökonomie für sich gefunden. Nach seinem Studium in Bayreuth mit Auslandsaufenthalten in Spanien ist er den klassischen Weg in die Beratung gegangen. In Deutschland gab es für ihn zu wenig Möglichkeiten für Innovationen und Inspiration, er hatte eher das Gefühl eines dekonstruktiven Arbeitens. Daher ist er für drei Jahre nach Dubai gegangen, um Unternehmen und Ministerien im Gesundheitssystem zu beraten. Dort konnte er nicht nur neue Kulturen sondern auch andere Gesundheitssysteme kennenlernen.
Vor sechseinhalb Jahren hat es ihn dann in die Schweiz und zu Medgate gezogen [ab min. 4]. Anfänglich war er für das internationale Business Development zuständig, viel unterwegs war er hierfür in Abu Dhabi und Philippinen. Als 2018 das Fernbehandlungsverbot in Deutschland kippte, ging Andreas Bogusch zu den Gründern um eine Strategie zu entwickeln, um Medgate in Deutschland zu etablieren [ab min. 5].
Das Unternehmen Medgate
Medgate gibt es seit über 20 Jahren und wurde von 3 Schulfreunden in der Schweiz zu Zeit des „.com-Hypes“ gegründet. Die Gründer, ein Arzt, ein ITler und ein BWler hatten den Bedarf für Veränderung, daraus wurde die Idee für Medgate geboren. Aktuell ist das Unternehmen in den Philippinen, Deutschland und der Schweiz aktiv, kurzzeitig waren sie außerdem in Australien, Abu Dhabi und der Slowakei [ab min. 6].
Sie sehen sich als digitale Hausarztpraxis. D. h. die Patientinnen und Patienten werden auf Entfernung durch fest angestellte Ärztinnen und Ärzte behandelt. Eine Behandlung wird per Telefon, Videotelefonie oder per Chat durchgeführt. Auch Rezepte oder AU-Bescheinigungen werden ausgestellt. Ca. 50 % der medizinischen Anfragen kann telemedizinisch ausreichend behandelt werden und es Bedarf kein physischen Arztbesuch mehr [ab min. 8].
Medgate haben immer als B2B Business agiert. Ein zentraler Partner sind die Versicherungen, denn ein ökonomischer & medizinischer Erfolg kann durch ein Angebot mit Versicherungstarifen gestärkt werden. Auch wenn die freie Arztauswahl wegfällt, kann es für die versicherten Schweizerinnen und Schweizer spannend sein. Die Einsparung von 15 -20 % im Schweizer Gesundheitssystem werden durch eine Prämie von 15 – 20 % sparen and die Versichteren weitergegeben. Mit der Otto Group, einem Familienunternehmen, haben sie einen zuverlässigen Partner mit Erfahrung gefunden [ab min. 10].
Lernen mit den Ohren zu sehen
Andreas Bogusch ist selbst begeisterter Kunde von Medgate. Die Zufriedenheit wird nicht nur von ihm, sondern auch weiteren Patientinnen und Patienten wieder gegeben. Das wird auch durch vielfältige Trainings und Standards gestärkt. Einer der Chefärzte von Medgate hatte gesagt „wir lehren unsere Ärzte mit den Ohren zu sehen“ [ab min. 12]. Alle selbst entwickelten Standards, SOP‘s und Leitlinien sind so ausgelegt, dass die Ärztinnen und Ärzte neue Methodiken und spezifische Fragestellung lernen. Denn die Sprechstunde findet immer mit fremden Menschen statt, die man höchstens per Video sieht.
Medizinische Hotlines nichts Neues
Inga Bergen erzählt, dass es in Deutschland bereits seit über 10 Jahren medizinische Hotlines gibt, die von der GKV angeboten wurden. Durch engere Zusammenarbeit im Digitalisierungsbereich weiß sie, dass es immer als ein beliebter Arbeitgeber von Ärztinnen und Ärzten wahrgenommen wurden. Das unterschreibt auch Andreas Bogusch, der ebenfalls positives Feedback seiner Mitarbeitenden bekommen, die das Gefühl haben endlich mal Zeit zu haben mit den Patientinnen und Patienten zu reden. Auch wenn eine durchschnittlich Telekonsultation meist nur sieben bis acht Minuten dauert, sind die Ärztinnen und Ärzte voll auf eine Person konzentriert, ganz im Gegensatz zu der Realität im Klinik- oder Praxisalltag [ab min. 13].
Langer Atem notwendig
Andreas Bogusch sagt, dass Ihnen bereits vor vier Jahren bei der Entscheidung, in das deutsche Gesundheitswesen einzusteigen, klar war, dass sie einen langen Atem und Durchsetzungswillen brauchen und es kein schneller Sieg werden wird.
„Das (deutsche Gesundheits-) System ist nicht auf Innovation ausgelegt, die Gesetzgebung ist nicht darauf ausgelegt und auch die üblichen Stakeholder sind nicht darauf ausgelegt, gern auch Geschäft abzugeben, deshalb brauchen wir einen langen Atem und wir müssen natürlich nach den Regeln spielen und wir werden die Regeln nicht von jetzt auf gleich brechen, auch wenn das wahrscheinlich sinnvoll ist, auch versorgungsökonomisch sinnvoll.“ [ab min. 17].
Menschen im Mittelpunkt
Medgate kann von ihrem Partner Otto Group, so Andreas Bogusch, lernen, Kundenzufriedenheit in den Mittelpunkt zu stellen. Denn diese haben sie sich in DNA programmiert [ab min. 25]. Der Sinn mit ihrem Vorhaben ist, Ausgaben einzusparen und trotzdem Kundenzufriedenheit zu generieren. Für Erfolg muss ein tiefes Kundenverständnis da sein, um aus den Bedürfnissen ein Produkt zu entwickelt, nicht andersherum, wie es oftmals im Gesundheitswesen stattfindet [ab min. 28]. Sie arbeiten mit BetterDoc zusammen, um zu überlegen, welche Leistungen aufzuabuen sind. Andres Bogusch glaubt, momentan gibt es einen Sweetspot in Deutschland für Medgate und neue Innovationen, da die GKV unter extremen Finanzierungsdruck steht. Er sieht zudem viel Potenzial in der Patientensteuerung. Die Patientinnen und Patienten sollen nicht nur eine telemedizinische Kurzbehandlung erhalten, sondern langfristige Behandlungspfade ermöglicht bekommen [ab min. 31].
Viel Potentiale in der Zukunft
Andreas Bogusch und Inga Bergen sehen viel Potenziale in der Zukunft. Denn die 50 % der Patientinnen und Patienten von Medgate, die an einen niedergelassenen Arzt oder eine Fachärztin weiter geleitet werden, können bspw. durch regelmäßige Blutzuckerkontrollen, Daten aus der Smartwatch oder weiteren Parametern bei telemedizinischen Konsultationen in Betracht gezogen werden. Geplannt ist zudem, Medgate um ein Triage System zu erweitern. Dieses wird bereits in der Schweiz eingesetzt. Dieses soll nicht als Symptom Checker agieren, sondern schauen ob bei der spezifischen Problematik eines Patienten / einer Patientin eine telemedizinische Konsultation überhaupt Sinn macht [ab min. 35].
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