Episode 42: Dr. med. Johannes Wimmer – der Fernseharzt & Influencer über Medizin-Kommunikation und Digitalisierung in Zeiten der Pandemie

Dr. med. Johannes Wimmer ist spezialisiert auf Arzt-Patienten-Kommunikation und vermittelt komplexe medizinische Inhalte in verschiedenen TV- und Video-Formaten. Das Thema Kommunikation spielt auch in Zeiten der Pandemie eine große und entscheidende Rolle bei der Akzeptanz der Maßnahmen. In dieser Episode diskutieren Inga Bergen und Dr. med. Johannes Wimmer, wie man Kommunikation gestalten muss, um Patienten und eine ganze Bevölkerung mitzunehmen & welche Rolle Digitalisierung dabei spielt. Johannes war übrigens schon einmal bei den Visionären zu Gast, Inga hat Ende 2019 die erste Folge überhaupt mit ihm aufgenommen. 

Dr. Johannes Wimmer - Copyright Peter Lund
Dr. Johannes Wimmer – Copyright Peter Lund

Ab Minute 1:18 startet das Interview. Johannes Wimmer ist ein bekanntes Fernsehgesicht und Bestsellerautor. Er unterhält sein eigenes Aufnahme-Studio in Hamburg, wo er Video-Content für unterschiedlichste Kanäle rund um Medizin produziert. Z.B. für seinen langjährigen Partner, die Techniker Krankenkasse, und den Norddeutschen Rundfunk. Für Johannes ist das wichtigste, möglichst viele Menschen mit seinen Inhalten zu erklären. 

Wie gelingt Kommunikation über Gesundheitsthemen? 

Ab Minute 4 sprechen Johannes Wimmer und Inga über die Kunst, Menschen komplexe medizinische Inhalte zu vermitteln. Inga stellt sich die Frage, was das Gesundheitswesen dafür tun kann, Menschen besser abzuholen. Die erste Herausforderung ist, dass im Rahmen eine Pandemie mit Menschen viel über Prävention gesprochen werden muss, ohne dass bei den meisten durch eine akute Krankheit ein Leidensdruck besteht. Aber selbst bei Leidensdruck entscheiden sich nicht alle Patienten für den ärztlichen Rat, das müssen Ärzte auch akzeptieren.

Ab Minute 8:20 geht es um Johannes‘ Tipps für gute Kommunikation: das erste Problem im ärztlichen Alltag ist, dass Ärzte so unter Feuer stehen, dass sie nicht zuhören. Im Schnitt werden Patienten in Deutschland nach 26 Sekunden unterbrochen. Orthopäden z.B., so hat es Johannes im Rahmen einer Studie beobachtet, nehmen sich im Durchschnitt 128 Sekunden für Patienten Zeit. Im Grunde spart Kommunikation und Zuhören viel Zeit, weil es die Behandlung insgesamt vereinfacht. Heute genießt Johannes den Luxus, Videoformate nach eigenem Konzept entwickeln zu können. Dabei erfährt er durch Feedback der Zuschauer, ob sie abgeholt wurden oder nicht. 

Johannes Auftrag: Inhalte einordnen & Meinung als Orientierung 

Ab Minute 11:20 erzählt Johannes über ein aktuelles Projekt, bei dem Zuschauer entscheiden, wie das Video weiter geht. So haben Zuschauer das Gefühl, wirklich Teil zu nehmen. Hier sieht Inga Bergen die große Chance an digitalen Formaten. Genauso wie auch Johannes Erfolgsgeheimnis, denn er verbindet digitale Formate mit einem persönlichen Kontext. 

Ab Minute 14:30 erzählt Johannes über seine Anfänge im Teleshopping. Dort hat er gelernt, wie schwierig es ist, umfangreiche Informationen zu vermitteln. Wenn man 80% seiner Inhalte vermitteln kann, ist das die Königsklasse. Information muss einfach sein und da anfangen, wo der Empfänger steht. Auch in Richtung Politik fordert er mehr zielgruppengerechte Kommunikation. 

Digitale Kommunikation oder Mensch zu Mensch – was funktioniert besser in der Medizin? 

Ab Minute 17:40 fasst Inga das Gespräch zusammen. Klare Kommunikation, die sich auf die wichtigsten Themen fokussiert ist zielführender, als alle Details zu erklären. Am besten funktioniert es, wenn die Kommunikation von Personen übernommen wird, zu denen ein Vertrauensverhältnis besteht. Im Podcast mit Matthias Horx erwähnte dieser den „Digitalismus“ – den Glauben daran, dass Digitalisierung alles lösen kann. Inga fragt, ob es möglich ist, medizinische Kommunikation zu digitalisieren, oder ob die zwischenmenschliche Komponente von Relevanz ist. Aus Sicht von Johannes kann man andere Branchen, wie z.B. Online-Banking nicht mit Gesundheit vergleichen. Viele Start-ups im Gesundheitswesen schauen seiner Meinung nach nur auf das Geschäftspotential – aber herausfordernde gesundheitliche Situationen digital abzubilden ist nicht einfach. In 50 Jahren werden wir sehen, dass wir Menschenleben Schaden zugefügt haben, weil wir digitale Mittel nicht genutzt haben. 

Die medizinische Versorgung der Bundeswehr als Blaupause für ein neues Gesundheitssystem? 

Ab Minute 22:28 geht es um medizinisches Fachpersonal – durch die Corona-Pandemie entsteht auf einmal Offenheit z.B. für Telemedizin. Die Frage ist, wie kann Digitalisierung mit guter Kommunikation verbunden werden. Telemedizin ist für Johannes noch keine wirkliche „Digitalisierung“. Die Idee muss sein, „Mauern“ einzureißen und Medizin zugänglich zu machen. Dabei ist es wichtig Patienten und ihren Daten in den Mittelpunkt zu stellen, fortlaufend zu monitoren und bei Bedarf vom zu kontaktieren.

Inga nennt Forward Health aus Kalifornien als Beispiel, die eine Versicherung komplett auf Prävention ausgerichtet haben. Johannes meint, dass dies bei rechtzeitiger Intervention hilft und schlimme Krankheitsverläufe vermeiden kann. Johannes hat selbst auch in den USA gelebt. Er nennt Kaiser Permanente als Paradebeispiel, weil sie Versorger und Versicherer zugleich sind. Auch seine Zeit im Bundeswehrkrankenhaus ist Johannes in guter Erinnerung, denn die Bundesswehr ist Arbeitgeber, ambulante und stationäre Versorger und Versicherer der Soldaten zugleich. Dies ermöglicht aus ärztlicher Sicht ganz andere Möglichkeiten, denn Interventionen können z.B. auch mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden. 

Amazon drängt ins Gesundheitswesen, Whatsapp ist schon da

Ab Minute 27:30 bringt Inga Bergen Amazon ins Spiel, die nach dem Vorbild der Bundeswehr derzeit in verschiedene Bereiche des Gesundheitswesens vordringen. Aus Johannes Sicht ist dies auch hilfreich, weil Medizinische Versorgung Durchgriff auf alle Daten und den gesamten Prozess hat, und somit integrierte Versorgung anbieten kann. Johannes nennt die Vergütungsmöglichkeiten einen zentralen Vorteil. WhatsApp ist bis heute der beliebteste Messanger im Gesundheitswesen. Warum das so ist und wie die Hochschulambulanz so um 33% entlastet wurde, erklärt Johannes ab Minute 30. 

Ab Minute 32 berichtet Johannes Wimmer, dass er bereits viele Videos für Pharma-Hersteller entwickelt hat. Zum Beispiel um Medikamente und ihre korrekte Einnahme zu erklären. Die Informationen, die Patienten erhalten, sind immer gleich & Video-Content bietet die Chance, Ärzte zu entlasten und Patienten dennoch qualitativ hochwertig aufzuklären. Im ärztlichen Alltag fehlt dafür die Zeit, und bisher auch oft die entsprechende Ausbildung. Dieses Beispiel zeigt, wie gute Patienten-Kommunikation und Digitalisierung Hand in Hand gehen können. Zum Schluss erzählt Johannes von USMLE, dem amerikanischen Staatsexamen in Medizin, das er absolviert hat. Teil der Ausbildung und der Examensprüfung ist Arzt-Patienten-Kommunikation, die praktisch abgefragt wird. Der Augenkontakt, die Rückversicherung, ob alles richtig verstanden wurde und  auch die Überbringung von lebensbedrohlichen Diagnosen wird hier geprüft – davon kann sich Deutschland noch einiges abschauen. 

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