Digitalisierung des Gesundheitssystems in Portugal: Ein Gespräch mit Dr. Micaela Seemann Monteiro

Micaela Seemann Monteiro

In der neusten Folge des Visionäre der Gesundheit Podcasts begrüßt Inga Bergen Dr. Micaela Seemann Monteiro, eine führende Figur in der Digitalisierung des portugiesischen Gesundheitssystems. Gemeinsam reden sie über die Unterschiede in der Digitalisierung zwischen Deutschland und Portugal und warum Deutschland sich in diesen Themen noch so einiges von Portugal abgucken kann. 

Einführung in die Digitalisierung im portugiesischen Gesundheitssystem

Dr. Seemann Monteiro beginnt ihre Karriere als Internistin und leitete viele Jahre lang große Notfallaufnahmen in Lissabon. Ihre ersten Berührungspunkte mit der Digitalisierung entstanden aus der Notwendigkeit heraus. Datenprozesse sollten optimieren werden, um den Zugang zu medizinischen Diensten zu erleichtern und effizienter zu gestalten. Seit 2015 arbeitet sie intensiv an der digitalen Transformation des portugiesischen Gesundheitssystems, darunter auch an der nationalen digitalen Gesundheitsagentur, wo sie das nationale Zentrum für Telegesundheit aufbaute.

Historische Entwicklung und Meilensteine der Telemedizin in Portugal

Die Telemedizin in Portugal hat eine lange Geschichte, die bis in die 1990er Jahre zurückreicht. Eines der ersten großen Telemedizinprojekte wurde im Kinderkrankenhaus von Coimbra initiiert. Es ermöglichte Telekonsultationen für Kinder mit Herzerkrankungen und überbrückte so die Distanz zu spezialisierten medizinischen Versorgungszentren. Diese frühen Innovationen legen also den Grundstein das heute umfangreiche telemedizinischen Angebot, welches jährlich tausende Konsultationen ermöglichen.

Digitalisierung und Telemedizin bei CUF

CUF ist ein privater Gesundheitsdienstleister in Portugal mit einer langen Tradition und einer starken Fokussierung auf Digitalisierung. Bereits 2005 führte CUF die digitale Patientenakte ein, und 2015 folgte ein Patientenportal mit mobiler App, die heute eine Million Nutzer hat. Dr. Seemann Monteiro erklärt, dass CUF eine Vorreiterrolle in der Nutzung von Telemedizin einnimmt. Während der COVID-19-Pandemie führte CUF 80% der Sprechstunden digital durch, eine Zahl, die nach der Pandemie zwar sank, aber weiterhin bedeutend bleibt. 2023 führte CUF 43.000 Videosprechstunden in 36 Fachrichtungen durch.

Nationale digitale Gesundheitsstrategie und öffentliche Dienste

Darüber hinaus bietet Portugal über das nationale Gesundheitssystem SNS24 zahlreiche digitale Dienste an. Bürger*innen können ihre digitale Patientenakte einsehen, Termine buchen, E-Rezepte anfordern und vieles mehr. Ein herausragendes Beispiel ist der digitale Impfausweis, der seit 2017 verfügbar ist. Solche Dienste erleichtern den Zugang zur Gesundheitsversorgung und sind besonders in ländlichen Regionen von großer Bedeutung.

Integration und Zukunftsperspektiven

Ein zentraler Punkt in der Diskussion war die Integration zwischen dem öffentlichen und privaten Gesundheitssektor. Dr. Seemann Monteiro betont die Notwendigkeit einer besseren Zusammenarbeit und Datenintegration, um eine patientenzentrierte Versorgung zu gewährleisten. Sie sieht große Chancen in der Weiterentwicklung digitaler Lösungen, insbesondere in der Prävention und Fernüberwachung chronischer Erkrankungen.

Herausforderungen und Finanzierungsmodelle

Gemeinsam sprechen Inga Bergen und Dr. Seemann Monteiro auch über die Finanzierung dieser Innovationen. Während einige digitale Dienste von Versicherungen abgedeckt werden, müssen andere, wie KI-unterstützte Symptomchecker, von den Gesundheitsdienstleistern selbst finanziert werden. Dr. Seemann Monteiro erklärt, dass langfristige Effizienzgewinne und eine verbesserte Patientenversorgung diese Investitionen rechtfertigen.

Ambulantisierung und Home-Hospitalisierung

Die Verschiebung von stationären zu ambulanten und häuslichen Behandlungen ist ein weiterer Trend, der durch digitale Lösungen unterstützt wird. CUF experimentiert mit medizinischen Geräten und digitalen Touchpoints, um die Versorgung zu Hause zu verbessern. Ein Beispiel ist die Nutzung eines KI-Chatbots zur Nachbetreuung von Patienten nach ambulanten Operationen, was eine effiziente und skalierbare Überwachung ermöglicht.

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