Marc Kriesten ist Apotheker, Unternehmer und ein Visionär im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) im Gesundheitssektor. Er begann seine Karriere als klassischer Apotheker, hat sich jedoch in den letzten Jahrzehnten zunehmend auf Digitalisierung und KI-Anwendungen im Apothekenwesen spezialisiert. Neben seiner Tätigkeit als Apotheker ist er in verschiedenen Netzwerken aktiv, unter anderem im FITTECH Club, einer der größten Organisationen für Fitness-Technologie weltweit.
Die Zukunft der Apotheke: Ein Paradigmenwechsel
Marc Kriesten ist überzeugt, dass Apotheken sich weiterentwickeln müssen, um langfristig relevant zu bleiben. Während Logistik weiterhin eine Rolle spielt, wird sich der Fokus in Zukunft stärker auf Prävention, Beratung und Serviceleistungen verlagern.
Gesundheitskompetenz der Bevölkerung verbessern
- Laut Kriesten haben 60 % der Menschen in Deutschland eine unzureichende Gesundheitskompetenz, bei digitalen Gesundheitskompetenzen ist die Situation noch schlechter.
- In der Vergangenheit hatten Familien häufig Nachschlagewerke für Gesundheitsthemen, heute dominiert jedoch das Internet und Social Media, was zu Unsicherheiten und Fehlinformationen führen kann.
- Viele Menschen besuchen Ärzte aufgrund von Unsicherheit, nicht zwingend aus medizinischer Notwendigkeit.
Rolle der Apotheke in der Patientenberatung
- Apotheken sollten nicht nur Medikamente ausgeben, sondern eine stärkere Rolle in der Gesundheitsbildung einnehmen.
- Die elektronische Patientenakte (ePA) ermöglicht eine bessere Einsicht in die Medikation der Patienten, wodurch Apotheken gezieltere Beratung anbieten können.
- Ein Beispiel für eine solche Beratung ist die „Brown Bag Review“, bei der Patienten alle Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel mitbringen und Apotheker sie auf Wechselwirkungen und Notwendigkeit überprüfen.
Die Rolle der KI in Apotheken
KI als Effizienztreiber
- Marc Kriesten nutzt bereits generative KI in verschiedenen Unternehmensbereichen.
- Eine zentrale Herausforderung ist jedoch, dass die Digitalisierung in Apotheken noch in Silos organisiert ist – er arbeitet daran, eine durchgehende digitale Prozessstruktur zu schaffen.
Einsatzbereiche für KI in der Apotheke
- Optimierung von Logistikprozessen
- KI kann die Lieferkette effizienter gestalten und die Warenverfügbarkeit verbessern.
- Automatisierte Kundenberatung
- KI-gestützte Systeme könnten Kunden in der Apotheke gezielt beraten, insbesondere bei der Auswahl von rezeptfreien Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln.
- Entscheidungsunterstützung für Apotheker
- KI kann Wechselwirkungen von Medikamenten analysieren und Apotheker in der Beratung unterstützen.
- Vernetzung mit der elektronischen Patientenakte (ePA)
- Die ePA ermöglicht eine bessere Einsicht in die Medikamentenhistorie, jedoch gibt es noch technische und regulatorische Hürden.
- Zukünftig sollen auch Nahrungsergänzungsmittel in die ePA aufgenommen werden, um eine vollständige Übersicht der Patientenmedikation zu ermöglichen.
Internationale Vorbilder: Das „Pharmacy First“-Modell
Apotheken als erste Anlaufstelle für Patienten
- In Ländern wie Großbritannien spielen Apotheken bereits eine zentrale Rolle in der Primärversorgung.
- Dort können Apotheker nach einer zusätzlichen Ausbildung eigenständig Medikamente für bestimmte Erkrankungen verschreiben.
- Marc Kriesten sieht großes Potenzial für Deutschland, da die Zahl der Ärzte zurückgeht (bis 2030 könnten 25 % der Ärzte in Rente gehen).
Herausforderungen für Apotheken in Deutschland
Regulierungen und Skalierbarkeit
- In Deutschland ist die Anzahl der Apotheken pro Apotheker auf vier begrenzt, was Expansionen erschwert.
- Die digitale Transformation ist kostenintensiv und für kleinere Apotheken schwierig umzusetzen.
- Kriesten plädiert für übergreifende Lösungen, z. B. B2B-Plattformen, über die Apotheken digitale Services und KI-Anwendungen beziehen können.
Konkurrenz durch Online-Handel und Drogeriemärkte
- Drogerieketten und große Versandapotheken drängen in den Markt.
- Während Apotheken auf Regulierungen achten müssen, setzen Unternehmen wie DM auf Kundenbedürfnisse und Convenience.
- Apotheken müssen daher eine klare Differenzierung schaffen, z. B. durch bessere Beratung, personalisierte Medizin oder Services im Bereich Prävention und Selbstoptimierung.
Zukunftspotenziale: Personalisierte Medizin und Longevity
Genetische Analysen als USP für Apotheken
- Kriesten hat selbst eine vollständige Genomanalyse durchgeführt und sein Leben daraufhin angepasst.
- Solche Analysen könnten in Apotheken angeboten werden, um personalisierte Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente zu empfehlen.
- Die Verknüpfung mit KI könnte diese individualisierten Therapien noch effizienter gestalten.
Selbstoptimierung und Biohacking
- Der Trend zu Selbstmessung (Wearables, Blutanalyse) bietet Apotheken neue Geschäftsfelder.
- In anderen Ländern gibt es bereits Infusionskliniken für gezielte Mikronährstoff-Versorgung – ein Markt, der auch in Deutschland wachsen könnte.
Die Apotheke der Zukunft
- Apotheken stehen vor einem Wandel von der reinen Medikamentenausgabe hin zu einer zentralen Gesundheitsberatungsstelle.
- KI kann Apotheken effizienter machen, aber der Zugang zu strukturierten Daten bleibt eine Herausforderung.
- Die elektronische Patientenakte bietet neue Möglichkeiten für Medikationsanalysen, ist aber noch nicht vollständig implementiert.
- Personalisierte Medizin und Prävention sind Zukunftsmärkte, in denen Apotheken sich gegenüber Online-Händlern differenzieren können.
- Eine zentrale Herausforderung bleibt die Skalierbarkeit von digitalen Lösungen in einem stark regulierten Markt.
Marc Kriesten ist überzeugt, dass Apotheken sich verändern müssen, um langfristig eine Rolle im Gesundheitswesen zu spielen. Durch den gezielten Einsatz von KI, digitale Prozesse und eine stärkere Beratungskompetenz können sie ihre Bedeutung in der Gesundheitsversorgung sichern.
Podcast: Play in new window | Download
Schreibe einen Kommentar