Simone Schwering ist Vice President bei der Barmer, einer der größten gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands. Die studierte Juristin blickt auf eine langjährige Karriere im Gesundheitswesen zurück und ist heute maßgeblich für die Transformation der Barmer verantwortlich – sowohl auf organisatorischer als auch auf kultureller Ebene. Neben Themen wie Digitalisierung, AI in healthcare und cultural change liegt ihr besonders die Stärkung der Patient*innen im Gesundheitssystem am Herzen – mit einem besonderen Fokus auf women’s health und Prävention.
Der Startpunkt: Kultureller Wandel als Fundament der digitalen Transformation
Zu Beginn des Gesprächs schildert Simone Schwering, dass sich die Barmer aktuell inmitten einer tiefgreifenden Transformation befindet. Neben demografischen Veränderungen und wachsendem Digitalisierungsdruck sei besonders die cultural transformation entscheidend. Mit dem unternehmensweiten Programm Barmer One wurde dieser Wandel strukturiert angestoßen. Dabei steht nicht eine rein technologische Modernisierung im Vordergrund, sondern eine neue Haltung, mehr Eigenverantwortung und echte Partizipation der Mitarbeitenden. Statt zentraler Vorgaben entwickelte die Organisation gemeinsam ein neues Führungsverständnis und eine moderne, dezentrale Arbeitsweise.
Künstliche Intelligenz als logische Weiterentwicklung
Die digitale Transformation bei der Barmer geht längst über einfache Digitalisierungsmaßnahmen hinaus: Der nächste Schritt heißt AI in healthcare. Mit der Gründung von Barmer.i – einer Innovationseinheit für Künstliche Intelligenz – wird das Thema strategisch angegangen. Ziel ist es, sowohl interne Prozesse zu vereinfachen (z. B. durch Chatbots zur Mitarbeitendenunterstützung) als auch innovative Anwendungen für die Versicherten zu schaffen – etwa im Bereich Prävention, Diagnostik oder digitale Therapiebegleitung. Für Simone Schwering ist klar: AI ist kein „nice to have“, sondern existenziell.
Zwischen Akzeptanz und Aufbruch: Die Herausforderung des Wandels
Ein zentrales Thema im Gespräch ist die Balance zwischen notwendiger Veränderung und menschlicher Sorge vor dem Unbekannten. Die Integration von AI wird bei der Barmer vor allem auch durch eine altersbedingt hohe Fluktuation von Mitarbeitenden vorangetrieben – rund 5.700 Personen werden in den nächsten Jahren in Rente gehen. Simone Schwering betont, dass AI nicht als Bedrohung gesehen werden soll, sondern als Chance, Aufgaben neu zu denken und Arbeit sinnvoll zu unterstützen – ohne Menschen zu ersetzen.
Women’s Health: Eine neue Rolle für Krankenkassen
Besonders am Herzen liegt Simone Schwering das Thema women’s health. Die Barmer positioniert sich dabei nicht als „Kontrollinstanz“, sondern als Unterstützerin für mehr Selbstverantwortung und Gesundheitskompetenz. Mit Initiativen wie dem Women’s Health Club, BGM-Konzepten wie „Menopause at Work“ oder einem Hitzeschutz-Leitfaden will die Kasse gezielt Frauen ansprechen – aber auch Männer miteinbeziehen. Gesundheit wird hier nicht nur als Reaktion auf Krankheit verstanden, sondern als gestaltbarer Lebensbereich.
Die GKV im Wandel: Vom Kostenübernehmer zum Gesundheitspartner
Die Rolle der gesetzlichen Krankenkassen verändert sich. Für Simone Schwering geht es darum, nicht nur Leistungen zu bezahlen, sondern Patient Empowerment und gesundheitsrelevante Informationen proaktiv zugänglich zu machen – unabhängig von Öffnungszeiten, am besten digital unterstützt. Sie sieht die GKV in einer aktiven Rolle: als Enabler für gute Entscheidungen, als Wissenspartner und als Brücke zwischen Sektoren. In einer Zeit, in der 20 % der Gesundheitskosten durch ineffiziente oder unnötige Versorgung entstehen, sei Information entscheidend.
Zusammenarbeit statt Silodenken: Warum Innovation Partnerschaft braucht
Statt alles selbst zu machen, setzt Simone Schwering auf Kooperation mit Expertinnen aus der Wirtschaft, Wissenschaft und dem digitalen Sektor. Public-Private-Partnerships sieht sie als essenziell – nicht nur, um mit der rasanten Entwicklung im Bereich AI in healthcare Schritt zu halten, sondern auch, um neue Versorgungsmodelle nachhaltig finanzieren zu können. Wichtig ist dabei, dass jede Organisation in ihrer Core Competence bleibt und die Patientinnen im Mittelpunkt stehen.
Simone Schwering über neue Rollen, mutige Entscheidungen und den Wert von Offenheit
Am Ende des Gesprächs wird deutlich: Simone Schwering verkörpert einen neuen Typ Führungskraft im Gesundheitswesen. Sie verbindet juristisches Know-how mit strategischer Weitsicht, menschlichem Gespür und technologischem Verständnis. Ihr Ansatz ist pragmatisch, partizipativ und gleichzeitig visionär – ob es um die Umgestaltung interner Strukturen, den Einsatz von AI oder neue Angebote für Versicherte geht. Der rote Faden dabei: Menschen in ihrer Gesundheitskompetenz zu stärken und das System auf die Zukunft vorzubereiten.
Simone Schwering über die neue Rolle der GKV, künstliche Intelligenz und den Mut zur Veränderung
Diese Folge ist ein Muss für alle, die sich für die digitale Zukunft des Gesundheitswesens interessieren. Simone Schwering zeigt, wie kultureller Wandel, digitale Tools und menschliche Nähe sich nicht ausschließen, sondern ein starkes Trio bilden können. Hört rein und erfahrt, wie eine der größten Krankenkassen Deutschlands mutig neue Wege geht – von Barmer One über AI in healthcare bis hin zu Women’s Health als strategischem Thema.
Ingas BuchtipP
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