Dr. Yves Nordmann über Vision, Daten und Vertrauen: Wie ein digital denkender Arzt unser Gesundheitssystem verändern will

Dr. Yves Nordmann über digitale Gesundheit, Daten & Vertrauen – wie ein praktizierender Arzt das Gesundheitssystem durch Innovation neu denkt.

Wer ist Yves Nordmann?

Dr. Yves Nordmann ist nicht nur praktizierender Kinderarzt mit eigener Praxis in Zürich, sondern auch einer der visionärsten digitalen Gesundheitsunternehmer Europas. Mit einem schweizerisch-israelischen Hintergrund und einer tiefen Verwurzelung in Medizin und Technik hat er Unternehmen wie Welldoc, Oviva, e-Medicus, docdok.health und docjo.health mitgegründet. Seine Mission: medizinisches Fachpersonal entlasten, Patient:innen empowern und eine menschlichere, datengetriebene Versorgung ermöglichen.


Vom Praxisalltag zur digitalen Revolution

Nordmanns Weg in die Welt der digitalen Gesundheitslösungen begann mit einem Aha-Erlebnis: Während eines Forschungsaufenthalts am renommierten Joslin Diabeter Center in den USA fiel ihm auf, dass Patient:innen zwar monatelang auf einen Termin warteten, aber dann ihre wichtigsten Daten – etwa Blutzuckerwerte – nicht zur Hand hatten. Die Lösung: Welldoc, die erste von der FDA zugelassene medizinische App in den USA, die Blutzuckerdaten via Bluetooth vom Messgerät auf ein Nokia-Handy übertrug. So einfach, so revolutionär.


Daten als Schlüssel zu personalisierter Medizin

Für Nordmann sind Daten mehr als Zahlen – sie sind der Schlüssel zur Zukunft der Medizin. Während früher nur klinische Daten berücksichtigt wurden, erkennt man heute die Relevanz von patientengenerierten Daten: Bewegungsverhalten, Ernährung, Symptome, Stimmungen. Diese Daten liegen jedoch oft in Silos – verteilt auf Arztpraxen, Kliniken und Patient:innen selbst. Erst durch die Vernetzung entsteht ein ganzheitliches Bild, das echte personalisierte Medizin ermöglicht. Nordmann plädiert daher klar gegen ein „One-size-fits-all“-Modell im Gesundheitssystem.


Oviva: Digitale Ernährungstherapie für alle

Ein weiteres Beispiel aus Nordmanns Innovationswerkstatt ist Oviva – eine App, die digitale Ernährungsberatung ermöglicht, besonders für übergewichtige Jugendliche. Die Idee entstand aus der Erkenntnis, dass es zu wenige spezialisierte Fachkräfte gibt, aber viele Patient:innen, die Unterstützung brauchen. Oviva setzt auf einen hybriden Ansatz: digitale Inhalte kombiniert mit menschlicher Begleitung. Trotz regulatorischer Hürden, etwa in Deutschland bei den DiGAs, zeigt die internationale Evidenz, dass gerade diese Kombination aus Technologie und menschlichem Kontakt am wirksamsten ist.


Epacura: Die EPA neu gedacht

Ein zentrales Thema ist für Nordmann die elektronische Patientenakte (EPA). Während sie in Deutschland und der Schweiz oft als „PDF-Friedhof“ wahrgenommen wird, entwickelt er mit dem Unternehmen Epacura eine neue Lösung: strukturierte Daten, frühzeitige Anamnese, smarte Vorbereitung auf Arztgespräche. Das Ziel: Ärzt:innen mehr Zeit für echte Gespräche geben, indem die Vorbereitung digital und intelligent erfolgt. So soll aus Datensammlung echte Versorgungsqualität entstehen – sowohl für Patient:innen als auch für das medizinische Fachpersonal.


Velaria: KI-gestützte Therapie bei Atemwegserkrankungen

Mit Velaria bringt Nordmann eine Lösung für Asthma und COPD auf den Markt. Hier werden Symptome kontinuierlich dokumentiert und mit ärztlichen Vorgaben abgeglichen – ganz im Sinne der internationalen Leitlinien. Ziel ist es, Patient:innen datenbasiert zu begleiten und gleichzeitig Ärzt:innen eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu liefern. Statt „Gefühlsmedizin“ wird hier präzise digitale Begleitung Realität.


Wie entsteht bei Yves Nordmann Innovation?

Für Nordmann beginnt Innovation immer mit einem echten Versorgungsproblem – erlebt in der Praxis. Dann stellt er sich die Frage: Wie kann eine Lösung in den bestehenden Arbeitsablauf von Ärzt:innen integriert werden, ohne sie zu überfordern? Wichtig ist ihm, dass neue Tools nicht als Bedrohung, sondern als Erleichterung wahrgenommen werden. Deshalb setzt er auf einfache Integration, direkte Einbindung des medizinischen Personals und spürbare Entlastung – etwa durch Chatfunktionen, Video-Sprechstunden oder automatisierte Vorab-Anamnese.


Vertrauen als Fundament: Die Kraft der ersten Begegnung

Ein zentrales Motiv der Folge ist das Vertrauen zwischen Ärzt:innen und Patient:innen. Nordmann beschreibt eindrucksvoll, wie ein gut vorbereiteter Erstkontakt die gesamte Behandlungsbeziehung prägen kann – oft über Jahre hinweg. Wenn Patient:innen sich gesehen fühlen, wenn Ärzt:innen bereits Informationen haben, entsteht eine Verbindung, die wirkt. Nordmann nennt konkrete Beispiele – etwa die Heilung einer Jugendlichen mit Anorexie nach gezielter, datengestützter Vorbereitung.


Was treibt Yves Nordmann an?

Er selbst sieht seinen Antrieb als „genetisches Geschenk“, verwurzelt in einer orthodox-jüdischen Familie, in der das Studium alter Texte wie Tora und Talmud früh eine Lern- und Innovationskultur vermittelte. Gleichzeitig lebt er diese Offenheit für Wandel jeden Tag als praktizierender Arzt. Sein Rat an Kolleg:innen: keine Angst vor digitalen Tools – wenn sie gut gemacht sind, unterstützen sie uns und machen unsere Arbeit wirksamer und menschlicher.


Yves Nordmann verändert nicht nur Systeme – er verändert Perspektiven

Diese Podcastfolge ist ein echtes Plädoyer für ein neues Denken im Gesundheitswesen: patientenzentriert, datenbasiert, empathisch und mutig. Yves Nordmann zeigt mit beeindruckender Klarheit, wie wir aus der Praxis heraus Lösungen entwickeln können, die digital und menschlich zugleich sind.

🎧 Unbedingt reinhören – es lohnt sich!

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